Nachdem wir Tasmanien verlassen hatten, flogen wir nach Adelaide, wo wir vier Nächte in einer Airbnb Wohnung übernachteten. Nachdem wir unsere Sachen in der Wohnung abgestellt hatten, gingen wir erst einmal einkaufen. Den nächsten Tag haben wir dann in der Wohnung verbrachte und alle möglichen Dinge erledigt, für die man am besten schnelles Internet braucht. Am nächsten Tag hatten wir uns für eine Free Walking Tour mit Ryan angemeldet.
Free Walking Tour
Free Walking Tours sind kostenlose Stadtführungen und – wer hätte das gedacht – wurden in Berlin erfunden. Mittlerweile gibt es diese Touren in über 200 Städten, sind grundsätzlich kostenlos, aber wenn es einem gefallen hat, kann man dem Fremdenführer ein Trinkgeld geben. Ist keine Pflicht, aber das macht man ja natürlich.
Ich hatte vorher schon solche Touren gesehen und wollte immer schon mal dran teilnehmen. Normalerweise gibt es in einer Stadt verschiedene Fremdenführer bei so einer Tour, aber in Adelaide macht das nur Ryan. Er studiert hier und bietet diese Touren dreimal pro Woche an. Bei ihm muss man sich vorher im Internet anmelden, was ich eigentlich ganz angenehm fand. Denn so kann er sicherstellen, dass nicht zu viele dabei sind und man auch noch versteht, was er erzählt.
Melbourn-isierung von Adelaide
Ryan kommt selbst gebürtig aus Adelaide und hat uns eine Menge über die Stadt und ihre Entwicklung erzählt. Er gab uns immer mal wieder ein paar Beispiele, wie Adelaide sich an anderen Städten ein Beispiel nimmt (meistens an Melbourne), was er Melbourn-isierung nannte. Ein Beispiel für eine neue Entwicklung war die Straßenkunst, die jetzt von der Stadt gefördert wird. Vorher hatte man einfach alle Kunst (also nicht nur Graffiti, sondern halt auch Gemälde etc.) einfach übergestrichen. Selbst bei Gebäuden, die der Stadt gar nicht gehörten rollten die Mitarbeiter der Stadt an und pinselten das einfach über. Kann man sich gar nicht vorstellen irgendwie, aber die Stadt wollte keine Straßenkunst in ihrem Stadtbild. Das hat sich nun geändert und sie haben sogar ein Jahresbudget. Wenn man also ein Gebäude in der Stadt besitzt, kann man bei der Stadt anfragen und bekommt dann einen Zuschuss. Ryan hat uns ein paar davon gezeigt und geht davon aus, dass das in den nächsten Jahren noch mehr wird.

Das Wahrzeichen der Stadt ist eine Skulptur, die The Malls Balls (dt. Einkaufszentren-Bälle). Ursprünglich hießen die mal On Further Reflection (dt. Bei näherer Betrachtung).

Ryan erzählte uns, dass die Stadt die Skulptur verschieben wollte, als sie die Fußgängerzone neu gestalten wollten. Das fanden die Leute in Adelaide allerdings nicht so super und gingen sogar dagegen auf die Straße. Am Ende haben sie es wohl nur ein paar Zentimeter verschoben.
Wir haben auch gelernt, dass Adelaide nicht so konservativ ist, wie man vielleicht meinen könnte. Gut, hilft jetzt nicht unbedingt, dass Adelaide „The City of Churches“ (Stadt der Kirchen) genannt wird, was ja eher mit einer konservativen Einstellung assoziert wird. Das bezieht sich allerdings wohl eher darauf, dass es sehr viele Kirchen gibt und nicht darauf, dass die Stadt an sich sehr religiös ist. Viele Bürger sind sogar Atheisten. Ryan meinte, dass Adelaide und sein Bundesstaat Südaustralien eigentlich sogar recht fortschrittlich sind. So war Südaustralien beispielsweise der erste Staat, der allen Frauen das Wahlrecht und den Aborigines die Kontrolle über ihr Land gab, sowie Homosexualität entkriminalisierte.
Arkaden
Wir waren in den Arkaden in Adelaide, wo man noch die alten Treppenstufen sehen konnte, die früher in die Teestube im Keller führte.
Ryan erzählte uns auch vom Geist, der hier umgeht. Francis Cluney war 1887 Hausmeister hier und ist bei einem Arbeitsunfall ziemlich grauenhaft ums Leben gekommen. Er scheint ein eher “freundlicher” Geist zu sein und schaut noch immer nach dem Rechten. Angeblich kann man ihn auf dieser Aufnahme von einer Überwachungskamer sehen.
Wein
Südaustralien gehört zu den Top 20 Weinregionen in der Welt. Leider hat das hier auch seinen Preis und passt nicht immer so zu unserer Reisekasse. Wir hatten aber schon vorab eine etwas günstigere Option gefunden: einen Weinkarton mit 4.5 l Wein (also äquivalent zu 6 Flaschen).

Der Wein ist aber nicht in Flaschen, sondern in einer Kunststoffblase und mit einem luftdichten Ventil versehen. Ryan erzählte uns, dass es hier “goon” heißt (laut Wikipedia auch “Chateau Cardboard” für Karton) und dies die billigste Variante sei, sich zu betrinken. Trinkspiele gibt es in Australien selbstverständlich auch. Dafür hängen sie die Kunststoffblasen an eine Wäschespinne; alle Leute stehen drum herum, die Spinne wird gedreht und wenn der Wein bei dir stehen bleibt, “darfst” du halt trinken. Das nennt man dann “Goon of Fortune” – sozusagen Glücksrad mit Tütenwein. Interessant dabei: die Wäschespinne wurde sogar in Adelaide erfunden.
Architektur
Das teuerste Gebäude der südlichen Hemisphäre befindet sich in Adelaide. Das neue Royal Adelaide Hospital wurde 2017 fertig gestellt und kostete 2,4 Milliarden Dollar. Ryan erzählte uns, dass ein Typ im Smoking im Foyer Klavier spielt. Schon ein bisschen schräg, oder? Allerdings wurde das Klavier offenbar von einem ehemaligen Patienten gespendet.
Ryan erzählte uns auch von einigen Entwicklungen in Adelaide, die dazu beitragen sollten, die Stadt attraktiver zu machen. Ein Beispiel ist das Stadion Adelaide Oval, welches für Cricket und seit der Neugestaltung auch für Australian Rules Football genutzt wird. Durch die Sanierung wurde die Kapazität auf über 55.000 erweitert. Das macht es auch für andere Veranstaltungen attraktiv, z.B. The Rolling Stones, Adele, Ed Sheeran und AC/DC spielten hier Konzerte.

Apropos Popstars: 1964 besuchten die Beatles Adelaide, was hier echt eine große Sache war. Mehr als 300.000 Besucher kamen, um sie zu sehen; die Straße vor dem Rathaus war rappelvoll. Auf dem Balkon der Stadthalle steht heute noch eine Glasinstallation, um an ihren Besuch zu erinnern.

Ich fand es interessant, dass mehr Leute auf den Straßen waren, als die Beatles in Adelaide waren, als beim Besuch der Königin im Jahr zuvor oder des Papstes einige Jahre später. Ryan fragte uns, ob wir bemerkt hätten, dass ein Beatle auf dem Bild fehlt. Ryan macht diese Tour seit einigen Jahren, und bisher war das niemandem aufgefallen. Ein Mann auf unserer Tour kam jedoch aus Adelaide, und er erinnerte sich sogar an den Tag, an dem die Beatles hier waren. Er wusste, dass Ringo Starr zu diesem Zeitpunkt krank war und Jimmie Nicol als Ersatzdrummer einsprang. Seine Berühmtheit war allerdings von kurzer Dauer. Als es Ringo wieder besser ging, reiste Nicol alleine wieder ab und bei seinem Abflug hat niemand am Flughafen gestanden, im Gegensatz zu seiner Ankunft mit den Beatles. Schon irgendwie traurig.
Kaffee
Obwohl eher Melbourne für seine Kaffeekultur bekannt ist, war die Kaffeepause, die wir im Bonobo hatten, wirklich toll und der Besitzer war echt total nett. Ryan sagte uns, dass dies sein Lieblingscafé sei und wir verstanden, warum. Da die Kaffeebestellung in Australien etwas knifflig ist, hatte Ryan sogar einen Spickzettel für uns.
Wir hatten einen wunderbaren Tag in der Stadt mit einer tollen Mischung aus Kultur, Architektur, Geschichte, Kaffee, einem veganen Cheeseburger bei Hungry Jack’s und einem Glas Wein bei Casablabla.